Die Mütterschulen, Vorläufer der heutigen Familienbildungseinrichtungen, sind in der Zeit des Ersten Weltkriegs entstanden. Viele junge Frauen kamen damals in die Städte, um dort ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Allein auf sich gestellt, ohne das Wissen und die Unterstützung von Müttern, Großmüttern und Tanten, war die Not oft groß, wenn sie Kinder bekamen.
In den Mütterschulen konnten sie die Grundregeln der Säuglingspflege und -ernährung lernen; konnten sie nähen und kochen lernen; fanden sie erfahrene Frauen, die ihnen zuhörten und sie beraten konnten; trafen sie andere Frauen, denen es ähnlich ging wie ihnen selbst.
Auch nach dem Zweiten Weltkrieg stand die lebenspraktische Versorgung im Vordergrund: gesund und preiswert kochen, Kinderkleidung selbst nähen, Säuglingspflege, Kinderkrankheiten, Erziehungsfragen.
Im Zusammenhang mit der Veränderung des Rollenverständnisses von Männern und Frauen und dem damit einhergehend sich wandelnden Bild von Familie wurden Anfang der 70er-Jahre die Mütterschulen in Familienbildungsstätten umbenannt.
Familienbildung wurde als Erwachsenenbildung verstanden, die ihre Aufgabe in der Unterstützung der Familie als Gesamtheit sah. Eltern sollten nicht nur Hilfestellung bei der Bewältigung von Erziehungsaufgaben erhalten, sie sollten auch zu pädagogischem Denken und Handeln angeregt werden. Als Folge dieser Entwicklung veränderte sich auch der Arbeitsstil innerhalb der Kurse von einem Frontalunterricht zu einem Miteinander- und Voneinanderlernen durch Erfahrungsaustausch.
Der gesellschaftliche Wandel im 21. Jahrhunderts mit sinkenden Geburtenzahlen, zunehmender Erwerbstätigkeit der Frauen, steigenden Scheidungsraten und sich neu bildenden Lebensformen wie Patchworkfamilien oder Familien mit gleichgeschlechtlichen Elternpaaren stellt die Familienbildung vor immer wieder neue Herausforderungen, auf die mit einem veränderten Kursprogramm reagiert werden muss.
In West-Berlin begann die Evangelische Frauenhilfe 1965 mit drei Kursen und 39 Teilnehmerinnen; 1975 stieg die Zahl bereits auf 95 Kurse pro Jahr.
Heute bietet die Evangelische Familienbildung Berlin Kurse in sieben Kirchenkreisen Berlins, an 90 verschiedenen Standorten, rund 1000 Kurse pro Jahr an. 14.000 Menschen besuchten im Jahr 2010 Angebote der Familienbildung.